Beim zweiten Kulturaustausch der Allianz haben wir uns zum Thema "Kapillare Kultur - Kulturförderung im Dorf" ausgetauscht. Wir haben die Vereine Steinegg Live, VirusClub aus Barbian und den Bezirksservice Burggrafenamt gefragt, was es braucht, damit Kultur im Dorf gelingen kann, und was dabei die Herausforderungen sind:
Steinegg Live ist ein Verein, der sich vor allem durch ein internationales Blues-Festival einen Namen gemacht hat. Über die Jahre hat es der Verein aus dem kleinen Bergdorf mit ca. 1300 Einwohnern geschafft, die Welt-Elite des Blues auf seine Bühne zu bringen, von Chuck Berry bis Billy Cobham. Wie das möglich ist? Es braucht großen Rückhalt und Unterstützung aus der Bevölkerung und viel Leidenschaft für die Sache. „Der Verein ist zu 100 % ehrenamtlich organisiert, aber aus jeder Familie in Steinegg hat mindestens schon einmal Eine oder Einer beim Festival mitgearbeitet. Daher gab es auch noch nie Beschwerden über die Lautstärke oder Ähnliches“, so Klemens Riegler von Steinegg Live. Das Festival wird also von der ganzen Gemeinschaft getragen. Dazu gehört auch ein offener Mindset für neue Generationen: Der Verein organisiert sich wenig hierarchisch und bietet jungen Leuten die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen einzubringen und sich zu verwirklichen. Auf diese Weise war es auch immer möglich, genügend Nachwuchs zu finden. Bei der Finanzierung unterstützen zudem viele kleine Sponsoren. Neben dem Festival, welches in der Blues Szene internationale Bekanntheit erlangt hat, organisiert der Verein immer wieder kleinere Konzerte wie den Jazzbrunch. Auch trotz der Corona Pandemie hat man mit Nachtbarschaftskonzerten und der Outdoor-Veranstaltung Live Summer Nights, die Liebe zur Musik weitergelebt.
Der VirusClub aus Barbian ist ein Verein zur Förderung von elektronischer Musik, Upcycling-Kunst und Nachhaltigkeit. Neben der Hauptveranstaltung Föhrentanz, einem zweitägigen Festival elektronischer Musik, organisiert der Verein auch kleinere Veranstaltungen wie die Konsumwelten, mit Kleidertausch und konsumkritischen Vorträgen. Unter dem Motto „Jeder macht, was er will, keiner macht, was er soll, aber alle machen mit“ steht die Förderung der Gemeinschaft und des Zusammenlebens im Vordergrund. Der Verein lebt ohne Hierarchie, es gibt zwar einige Rollen, die verteilt werden müssen, aber bei Entscheidungen dürfen alle Interessierten mitreden. „So dauern Planungsprozesse zwar oft etwas länger, aber dadurch stellen wir sicher, dass alle dabeibleiben und mitgestalten können“, so Anton van Gerven, Präsident von VirusClub. Ihr Ziel ist es, die Südtiroler Kulturwelt zu erweitern und auch in der Peripherie ein vielfältiges Kulturangebot zu schaffen. Nicht-traditionelle Kultur kann im ländlichen Raum auf Widerstände stoßen, und so ist auch für den VirusClub Sensibilisierungsarbeit und gute Kommunikation ein ausschlaggebender Faktor zur Gestaltung kultureller Vielfalt im Dorf. Vorteilhaft ist jedoch, dass sich auf dem Land Räume für Veranstaltungen oft leichter finden lassen als in der Stadt.
Der Bezirksservice Burggrafenamt ist eine von sieben Servicestellen, die in ganz Südtirol die Bildungsausschüsse in den Dörfern betreuen. Bildungsausschüsse sind Vereine, die Weiterbildung und Kulturarbeit im Dorf fördern. Sie sind seit 1983 in Südtirol gesetzlich geregelt. Jeder Bildungsausschuss bekommt jährlich von der Gemeinde eine fixe Förderung von drei Euro pro Einwohner. Bildungsausschüsse können Projekte aller Art umsetzen, es geht darum, offen für alles zu sein, was im Dorf an Bildung und Kultur gebraucht wird. Ein Frauenstammtisch für St. Leonhard, ein temporärer Sandspielplatz für alle Generationen am Kirchplatz in Marling oder das Sammeln von Pendlergeschichten aus dem Ultental zum Lesen an der Bushaltestelle und zur Sensibilisierung für den Wert öffentlicher Verkehrsmittel sind nur einige Beispiele für viele großartige Projekte, die Bildungsausschüsse in ganz Südtirol auf die Beine stellen. Markus Breitenberg vom Bezirksservice betreut seit vielen Jahren die Bildungsausschüsse im Burggrafenamt. Vertrauen (sich selbst und anderen), Bürokratie und Sicherheitsdenken sind für ihn die Herausforderungen für Kulturschaffende im Dorf. So ist es am Ende wichtig, die Dinge „einfach zu tun“ – einerseits sich etwas zu trauen und auszuprobieren, andererseits dies auch mit einfacher Sprache und Hausverstand zu tun.
Kulturelle Vielfalt sollte nicht nur ein Merkmal von Städten sein, sondern auch in den ländlichen Gebieten und Dörfern gefördert werden. Denn was attraktive Lebensräume betrifft, so zeichnen sich diese sicherlich durch ein vielfältiges kulturelles Angebot aus. Um solche Vielfalt anzuregen, ist die Unterstützung der Gemeinde und die Akzeptanz in der Bevölkerung sehr wichtig. Es braucht Zeit, bis sich Neues etablieren kann, und viel Sensibilisierungsarbeit über den Wert neuer Veranstaltungen. Vereine können hier strategisch vorgehen und immer wieder versuchen, alle Gruppen aus der Bevölkerung in die Projekte miteinzubeziehen und Platz für Beteiligung schaffen. So kann Schritt für Schritt gegenseitiges Verständnis und Rückhalt durch die Gemeinschaft entstehen. Auch die Freiwilligkeit spielt beim Kulturschaffen im Dorf eine wichtige Rolle. Ohne viele helfende Hände, die schnell und unbürokratisch zur Verfügung stehen, geht es oft nicht. Mit viel Passion und einer starken Gemeinschaft ist schließlich fast alles möglich.
Hier könnt ihr in die Vorträge unserer Impulsgeber reinhören:
Beim zweiten Kulturaustausch der Allianz haben wir uns zum Thema "Kapillare Kultur - Kulturförderung im Dorf" ausgetauscht. Wir haben die Vereine Steinegg Live, VirusClub aus Barbian und den Bezirksservice Burggrafenamt gefragt, was es braucht, damit Kultur im Dorf gelingen kann, und was dabei die Herausforderungen sind:
Steinegg Live ist ein Verein, der sich vor allem durch ein internationales Blues-Festival einen Namen gemacht hat. Über die Jahre hat es der Verein aus dem kleinen Bergdorf mit ca. 1300 Einwohnern geschafft, die Welt-Elite des Blues auf seine Bühne zu bringen, von Chuck Berry bis Billy Cobham. Wie das möglich ist? Es braucht großen Rückhalt und Unterstützung aus der Bevölkerung und viel Leidenschaft für die Sache. „Der Verein ist zu 100 % ehrenamtlich organisiert, aber aus jeder Familie in Steinegg hat mindestens schon einmal Eine oder Einer beim Festival mitgearbeitet. Daher gab es auch noch nie Beschwerden über die Lautstärke oder Ähnliches“, so Klemens Riegler von Steinegg Live. Das Festival wird also von der ganzen Gemeinschaft getragen. Dazu gehört auch ein offener Mindset für neue Generationen: Der Verein organisiert sich wenig hierarchisch und bietet jungen Leuten die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen einzubringen und sich zu verwirklichen. Auf diese Weise war es auch immer möglich, genügend Nachwuchs zu finden. Bei der Finanzierung unterstützen zudem viele kleine Sponsoren. Neben dem Festival, welches in der Blues Szene internationale Bekanntheit erlangt hat, organisiert der Verein immer wieder kleinere Konzerte wie den Jazzbrunch. Auch trotz der Corona Pandemie hat man mit Nachtbarschaftskonzerten und der Outdoor-Veranstaltung Live Summer Nights, die Liebe zur Musik weitergelebt.
Der VirusClub aus Barbian ist ein Verein zur Förderung von elektronischer Musik, Upcycling-Kunst und Nachhaltigkeit. Neben der Hauptveranstaltung Föhrentanz, einem zweitägigen Festival elektronischer Musik, organisiert der Verein auch kleinere Veranstaltungen wie die Konsumwelten, mit Kleidertausch und konsumkritischen Vorträgen. Unter dem Motto „Jeder macht, was er will, keiner macht, was er soll, aber alle machen mit“ steht die Förderung der Gemeinschaft und des Zusammenlebens im Vordergrund. Der Verein lebt ohne Hierarchie, es gibt zwar einige Rollen, die verteilt werden müssen, aber bei Entscheidungen dürfen alle Interessierten mitreden. „So dauern Planungsprozesse zwar oft etwas länger, aber dadurch stellen wir sicher, dass alle dabeibleiben und mitgestalten können“, so Anton van Gerven, Präsident von VirusClub. Ihr Ziel ist es, die Südtiroler Kulturwelt zu erweitern und auch in der Peripherie ein vielfältiges Kulturangebot zu schaffen. Nicht-traditionelle Kultur kann im ländlichen Raum auf Widerstände stoßen, und so ist auch für den VirusClub Sensibilisierungsarbeit und gute Kommunikation ein ausschlaggebender Faktor zur Gestaltung kultureller Vielfalt im Dorf. Vorteilhaft ist jedoch, dass sich auf dem Land Räume für Veranstaltungen oft leichter finden lassen als in der Stadt.
Der Bezirksservice Burggrafenamt ist eine von sieben Servicestellen, die in ganz Südtirol die Bildungsausschüsse in den Dörfern betreuen. Bildungsausschüsse sind Vereine, die Weiterbildung und Kulturarbeit im Dorf fördern. Sie sind seit 1983 in Südtirol gesetzlich geregelt. Jeder Bildungsausschuss bekommt jährlich von der Gemeinde eine fixe Förderung von drei Euro pro Einwohner. Bildungsausschüsse können Projekte aller Art umsetzen, es geht darum, offen für alles zu sein, was im Dorf an Bildung und Kultur gebraucht wird. Ein Frauenstammtisch für St. Leonhard, ein temporärer Sandspielplatz für alle Generationen am Kirchplatz in Marling oder das Sammeln von Pendlergeschichten aus dem Ultental zum Lesen an der Bushaltestelle und zur Sensibilisierung für den Wert öffentlicher Verkehrsmittel sind nur einige Beispiele für viele großartige Projekte, die Bildungsausschüsse in ganz Südtirol auf die Beine stellen. Markus Breitenberg vom Bezirksservice betreut seit vielen Jahren die Bildungsausschüsse im Burggrafenamt. Vertrauen (sich selbst und anderen), Bürokratie und Sicherheitsdenken sind für ihn die Herausforderungen für Kulturschaffende im Dorf. So ist es am Ende wichtig, die Dinge „einfach zu tun“ – einerseits sich etwas zu trauen und auszuprobieren, andererseits dies auch mit einfacher Sprache und Hausverstand zu tun.
Kulturelle Vielfalt sollte nicht nur ein Merkmal von Städten sein, sondern auch in den ländlichen Gebieten und Dörfern gefördert werden. Denn was attraktive Lebensräume betrifft, so zeichnen sich diese sicherlich durch ein vielfältiges kulturelles Angebot aus. Um solche Vielfalt anzuregen, ist die Unterstützung der Gemeinde und die Akzeptanz in der Bevölkerung sehr wichtig. Es braucht Zeit, bis sich Neues etablieren kann, und viel Sensibilisierungsarbeit über den Wert neuer Veranstaltungen. Vereine können hier strategisch vorgehen und immer wieder versuchen, alle Gruppen aus der Bevölkerung in die Projekte miteinzubeziehen und Platz für Beteiligung schaffen. So kann Schritt für Schritt gegenseitiges Verständnis und Rückhalt durch die Gemeinschaft entstehen. Auch die Freiwilligkeit spielt beim Kulturschaffen im Dorf eine wichtige Rolle. Ohne viele helfende Hände, die schnell und unbürokratisch zur Verfügung stehen, geht es oft nicht. Mit viel Passion und einer starken Gemeinschaft ist schließlich fast alles möglich.
Hier könnt ihr in die Vorträge unserer Impulsgeber reinhören: