Kultur ohne Barrieren – gestalten und erleben. Das war das Thema, zu dem sich am 15. Juli Kulturschaffende und Kulturvereine beim Kulturaustausch zusammenfanden. Wenn es um die Gestaltung und das Erlebnis von Kultur geht, gibt es für Menschen mit Beeinträchtigung viele Barrieren. Oft werden sie bei der Planung von Veranstaltungen und Einrichtungen nicht mitgedacht. Inklusion als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrifft auch Kulturträger und so wäre es wünschenswert, gäbe es einen Mindeststandard, an den sich jeder hält. Den gibt es aber leider nicht. Weder auf nationaler Ebene noch auf europäischer und so ist es von den Kulturschaffenden der einzelnen Organisationen, den Veranstaltungsorganisierenden oder Architektinnen und Architekten abhängig, wie viele Barrieren aufgestellt oder weggeräumt werden.
Max Silbernagl von der Band Chaos Junkies ist vor allem von architektonischen Barrieren betroffen, da er im Rollstuhl sitzt, aber das hält ihn nicht davon ab, Musik zu machen. Manchmal braucht es nicht viel, und er würde besser von A nach B kommen: eine kleine Rampe, um nur drei Stufen zu überwinden, und schon geht es besser. „Jedes Kulturzentrum und jeder Veranstalter sollte eine Rampe haben, es gibt ganz einfache fahrbare, ich habe mir so eine nun selbst gekauft“, so Max. Wenn Räume und Veranstaltungen barrierefrei gestaltet sind, ist es im zweiten Schritt auch wichtig, dies gut zu kommunizieren. Die Möglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigung müssen präsent sein, ansonsten werden sie nicht genutzt. Das betrifft nicht nur das Besuchen von Kultur, sondern auch das Gestalten von Kultur. Teilhabe ist hier das Stichwort, denn Inklusion bedeutet nicht nur, dass beeinträchtigte Menschen die Kultur der nicht-beeinträchtigten Menschen konsumieren können, sondern, dass sie auch selbst Kultur gestalten. Ein lokales Vorzeigeprojekt ist hierbei das Teatro La Ribalta in Bozen. Max Silbernagl wünscht sich mehr Strukturen, die Menschen mit Beeinträchtigung darin bestärken, selbst kulturelle Projekte zu starten. Gerade der Kulturbereich kann viel Veränderung in den Köpfen der Menschen hervorrufen und sich so effektiv dafür einsetzen, eine inklusive Gesellschaft voranzutreiben. „Hierzu braucht es einfach ein bisschen mehr Mut. Menschen mit Beeinträchtigung sind in Südtirol noch ziemlich unsichtbar. Sie haben aber glaube ich viel zu sagen und brauchen dafür eine Plattform.“, so Max. Konkrete Maßnahmen, die Kulturschaffende und Kulturvereine treffen können, sind zahlreich. So sollte zum Beispiel jeder Kulturverein und jede Veranstaltung eine zuständige Person für die Barrierefreiheit haben, der Stand der Dinge und spezielle Angebote sollten auf der Website kommuniziert werden, bzw. sollte eine Nummer vorhanden sein, bei der man sich informieren kann. Begleitpersonen sollten freien Eintritt erhalten, und auch die Nightliner in Südtirol sind nicht immer alle barrierefrei. Denkbar wäre auch ein Gremium von Menschen mit Beeinträchtigung, an das sich Kulturveranstaltende wenden können, um ihr Angebot zu checken. Auch die Zusammenarbeit im Netzwerk mit sozialen Einrichtungen ist hilfreich, denn dort liegt die Expertise und Förderungen für Projekte zu inklusiver Kultur lassen sich über den sozialen Bereich gut beantragen.
Maria Mayr vom Schreibmaschinenmuseum Partschins zeigte mit dem Projekt SMART (Small Museum Alliance Representing Territories), wie Netzwerke effektiv beim Thema Barrierefreiheit handeln können. Das Projekt wurde von der Gemeinde Valdagno koordiniert und von unterschiedlichen Partnern wie der Sozialgenossenschaft Independent L und der FH Salzburg unterstützt. Vier kleinere Museen, darunter das Schreibmaschinenmuseum Peter Mitterhofer in Partschins, sind Pilotmuseen für SMART. Ziel des Projektes ist es, kleinere Museen im Alpenraum durch innovative Rundgänge und smarte Technologie attraktiver und barrierefreier zu machen. Das Schreibmaschinenmuseum hat in Zusammenarbeit mit Independent L. ein Konzept erarbeitet und teilweise bereits umgesetzt. Als erster Schritt wurde die Website in leichter Sprache über das OKAY umgesetzt. Das Büro für leichte Sprache der Lebenshilfe ONLUS. Dann wurde ein Adaptierungsplan für die Barrierefreiheit des Gebäudes erstellt und erste Schritte bereits umgesetzt. Auch die Entwicklung einer virtuellen Museumstour inklusive Museumsführer, der sowohl als Audioguide als auch in Gebärdensprache umgesetzt wurde, sind Teil des SMART-Projekts. Für Gehörlose ist das Schreibmaschinenmuseum oft besonders interessant, da sich eine der ersten Schreibmaschinen aus den Ideen eines niederländischen Lehrers entwickelte, die er bei der Arbeit mit gehörlosen Personen hatte. Der Pastor Hans Rasmus Malling Johann Hansen war Direktor des königlichen Taubstummeninstituts in Kopenhagen, als er die Idee hatte, eine Maschine zu entwickeln, mit der sich Gehörlose schriftlich genauso gut verständigen konnten wie mit der Gebärdensprache. Die Malling-Hansen-Schreibkugel von 1867 lässt sich sowohl im Museum betrachten als auch online als 3D-Modell. Ein weiterer Schritt zur verbesserten Erlebbarkeit des Museums waren nämlich auch 3D-Modelle einiger Schreibmaschinen und ein 3D-Film über das Leben des Südtiroler Schreibmaschinenerfinders Peter Mitterhofer. Das Angebot an virtuellen Erlebnissen von Museen hat seit der Corona-Pandemie stark zugenommen und bietet oft gute Möglichkeiten für bessere Zugänglichkeit.
Vor allem Museen sind in der barrierefreien Kultur oft Vorreiter. Das mag wohl auch der Bewegung zur Öffnung der Museen in den 70er Jahren liegen, die unter dem Ruf „Kultur für Alle“ geschah. Auch das Mart in Rovereto steigt tief ins Thema Barrierefreiheit ein und bietet unter anderem Führungen für Menschen mit Autismus oder ADHS und sensorische Führungen für Menschen mit Sehbehinderung.
Impulsvorträge von Maria Mayr und Max Silbernagl anhören:
Kultur ohne Barrieren – gestalten und erleben. Das war das Thema, zu dem sich am 15. Juli Kulturschaffende und Kulturvereine beim Kulturaustausch zusammenfanden. Wenn es um die Gestaltung und das Erlebnis von Kultur geht, gibt es für Menschen mit Beeinträchtigung viele Barrieren. Oft werden sie bei der Planung von Veranstaltungen und Einrichtungen nicht mitgedacht. Inklusion als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrifft auch Kulturträger und so wäre es wünschenswert, gäbe es einen Mindeststandard, an den sich jeder hält. Den gibt es aber leider nicht. Weder auf nationaler Ebene noch auf europäischer und so ist es von den Kulturschaffenden der einzelnen Organisationen, den Veranstaltungsorganisierenden oder Architektinnen und Architekten abhängig, wie viele Barrieren aufgestellt oder weggeräumt werden.
Max Silbernagl von der Band Chaos Junkies ist vor allem von architektonischen Barrieren betroffen, da er im Rollstuhl sitzt, aber das hält ihn nicht davon ab, Musik zu machen. Manchmal braucht es nicht viel, und er würde besser von A nach B kommen: eine kleine Rampe, um nur drei Stufen zu überwinden, und schon geht es besser. „Jedes Kulturzentrum und jeder Veranstalter sollte eine Rampe haben, es gibt ganz einfache fahrbare, ich habe mir so eine nun selbst gekauft“, so Max. Wenn Räume und Veranstaltungen barrierefrei gestaltet sind, ist es im zweiten Schritt auch wichtig, dies gut zu kommunizieren. Die Möglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigung müssen präsent sein, ansonsten werden sie nicht genutzt. Das betrifft nicht nur das Besuchen von Kultur, sondern auch das Gestalten von Kultur. Teilhabe ist hier das Stichwort, denn Inklusion bedeutet nicht nur, dass beeinträchtigte Menschen die Kultur der nicht-beeinträchtigten Menschen konsumieren können, sondern, dass sie auch selbst Kultur gestalten. Ein lokales Vorzeigeprojekt ist hierbei das Teatro La Ribalta in Bozen. Max Silbernagl wünscht sich mehr Strukturen, die Menschen mit Beeinträchtigung darin bestärken, selbst kulturelle Projekte zu starten. Gerade der Kulturbereich kann viel Veränderung in den Köpfen der Menschen hervorrufen und sich so effektiv dafür einsetzen, eine inklusive Gesellschaft voranzutreiben. „Hierzu braucht es einfach ein bisschen mehr Mut. Menschen mit Beeinträchtigung sind in Südtirol noch ziemlich unsichtbar. Sie haben aber glaube ich viel zu sagen und brauchen dafür eine Plattform.“, so Max. Konkrete Maßnahmen, die Kulturschaffende und Kulturvereine treffen können, sind zahlreich. So sollte zum Beispiel jeder Kulturverein und jede Veranstaltung eine zuständige Person für die Barrierefreiheit haben, der Stand der Dinge und spezielle Angebote sollten auf der Website kommuniziert werden, bzw. sollte eine Nummer vorhanden sein, bei der man sich informieren kann. Begleitpersonen sollten freien Eintritt erhalten, und auch die Nightliner in Südtirol sind nicht immer alle barrierefrei. Denkbar wäre auch ein Gremium von Menschen mit Beeinträchtigung, an das sich Kulturveranstaltende wenden können, um ihr Angebot zu checken. Auch die Zusammenarbeit im Netzwerk mit sozialen Einrichtungen ist hilfreich, denn dort liegt die Expertise und Förderungen für Projekte zu inklusiver Kultur lassen sich über den sozialen Bereich gut beantragen.
Maria Mayr vom Schreibmaschinenmuseum Partschins zeigte mit dem Projekt SMART (Small Museum Alliance Representing Territories), wie Netzwerke effektiv beim Thema Barrierefreiheit handeln können. Das Projekt wurde von der Gemeinde Valdagno koordiniert und von unterschiedlichen Partnern wie der Sozialgenossenschaft Independent L und der FH Salzburg unterstützt. Vier kleinere Museen, darunter das Schreibmaschinenmuseum Peter Mitterhofer in Partschins, sind Pilotmuseen für SMART. Ziel des Projektes ist es, kleinere Museen im Alpenraum durch innovative Rundgänge und smarte Technologie attraktiver und barrierefreier zu machen. Das Schreibmaschinenmuseum hat in Zusammenarbeit mit Independent L. ein Konzept erarbeitet und teilweise bereits umgesetzt. Als erster Schritt wurde die Website in leichter Sprache über das OKAY umgesetzt. Das Büro für leichte Sprache der Lebenshilfe ONLUS. Dann wurde ein Adaptierungsplan für die Barrierefreiheit des Gebäudes erstellt und erste Schritte bereits umgesetzt. Auch die Entwicklung einer virtuellen Museumstour inklusive Museumsführer, der sowohl als Audioguide als auch in Gebärdensprache umgesetzt wurde, sind Teil des SMART-Projekts. Für Gehörlose ist das Schreibmaschinenmuseum oft besonders interessant, da sich eine der ersten Schreibmaschinen aus den Ideen eines niederländischen Lehrers entwickelte, die er bei der Arbeit mit gehörlosen Personen hatte. Der Pastor Hans Rasmus Malling Johann Hansen war Direktor des königlichen Taubstummeninstituts in Kopenhagen, als er die Idee hatte, eine Maschine zu entwickeln, mit der sich Gehörlose schriftlich genauso gut verständigen konnten wie mit der Gebärdensprache. Die Malling-Hansen-Schreibkugel von 1867 lässt sich sowohl im Museum betrachten als auch online als 3D-Modell. Ein weiterer Schritt zur verbesserten Erlebbarkeit des Museums waren nämlich auch 3D-Modelle einiger Schreibmaschinen und ein 3D-Film über das Leben des Südtiroler Schreibmaschinenerfinders Peter Mitterhofer. Das Angebot an virtuellen Erlebnissen von Museen hat seit der Corona-Pandemie stark zugenommen und bietet oft gute Möglichkeiten für bessere Zugänglichkeit.
Vor allem Museen sind in der barrierefreien Kultur oft Vorreiter. Das mag wohl auch der Bewegung zur Öffnung der Museen in den 70er Jahren liegen, die unter dem Ruf „Kultur für Alle“ geschah. Auch das Mart in Rovereto steigt tief ins Thema Barrierefreiheit ein und bietet unter anderem Führungen für Menschen mit Autismus oder ADHS und sensorische Führungen für Menschen mit Sehbehinderung.
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